Saumselig … was bedeutet das eigentlich?

Es gibt viele Gründe, sich zu verspäten. Einer ist, sich zu verfranzen (siehe voriger Beitrag „was bedeutet das eigentlich?“), weil das Navigationsgerät oder die eigene Kartenlese-Kunst versagte. Ein anderer Grund mag unsere saumselige Natur sein, weil wir gerne bummeln und vor uns hin trödeln. Wer hat deshalb nicht schon das ein oder andere Mal einen Termin versäumt?

Der gehobene Ausdruck saumselig bezeichnet ein nachlässiges, zeitvergeudendes und säumiges Tun. Ein literarisches Beispiel liefert Otto Ludwig in seiner Erzählung „Zwischen Himmel und Erde“ von 1856: „Hier und da in der Stadt war der Bruder nicht unbedeutende Summen schuldig, das Schiefergeschäft war […] so saumselig und ungewissenhaft betrieben worden.“

„Wo eine reiche Witwe zu heiraten, das sind sie nicht saumselig“

Adolph Freiherr von Knigge

Ein anderes historisches Beispiel stammt von Adolph Freiherr von Knigge. In seinem bekanntesten Werk „Über den Umgang mit Menschen“ aus dem Jahr 1788 schreibt er: „Wo reine reiche Witwe zu heiraten, eine Pension, eine Bedienung an irgendeinem Hofe oder dergleichen zu erhalten ist, da sind sie nicht saumselig.“ Bei den gemeinten Herren handelte es sich für Knigge um wenig ehrenhafte, aber „unschädliche Abenteurer“.

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Porträt des Schriftstellers Adolph Freiherr von Knigge und Titelblatt seiner Erstausgabe „Über den Umgang mit Menschen“ von 1788.

Dieser Beitrag von mir erschien in ähnlicher Form erstmals im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg am 25. Juni 2021 auf Seite 14 unter „Landeskundliche Momente“.